Gemeinsam mit dem Duo Rendered Realities, bestehend aus Tänzerin Agnetha Jaunich und Visual Artist Hendrik Lange, kooperierte das Digitale Koproduktionslabor für das Projekt “Post Corpus Shapeshifter”.
Das Projekt bestand aus einer ca 32-minütigen audiovisuell begleiteten Tanzperformance und einem interaktiven Publikumsteil mit variabler Länge zwischen 1,5 und 2,5 Stunden.
Uraufgeführt wurde das Projekt bei der Kasseler Museumsnacht am 07.09.2024. Eine zweite Aufführung fand im Rahmen der Eröffnung des Next Level Festivals am 14.11.2024 im Foyer des Dortmunder U statt. Im Anschluss an die Performance war die interaktive Installation über den gesamten Abend für die Besucher*innen offen.
Die performative Installation behandelt die Suche nach der Zukunft des Körperlichen in unserer zunehmend digitalen Welt. Die Fragen, die das Künstler*innen-Duo dabei aufwerfen möchte, beschreiben sie selbst wie folgt:
Wie verändert sich unsere Körperlichkeit, wenn wir in virtuellen Räumen schwinden und neue Identitäten zum Vorschein kommen?
Versunken im Spiel mit ihrem eigenen Avatar, wagt sich die Tänzerin tief an die Grenzen zwischen physischer Präsenz und virtueller Erweiterung vor. Die Abwesenheit des greifbaren Körpers wird zu einem Experimentierfeld für Transformation und Selbstvervielfältigung. Inmitten abstrakter Körperlichkeiten und digitalen Alter Egos verschmelzen Realität und Imagination bis hin zur völligen Aufgabe des eigenen Körpers. Mittels Motion Capturing übernimmt das Publikum schließlich die Steuerung über den Avatar der Tänzerin und kreiert so ein sich immer weiter multiplizierendes digitales ‘Ich’.
Hendrik Lange gestaltete die visuelle Ebene inkl. 3D-Avatare. Das KoLab unterstützte dabei mit Renderleistung.
Für die auditive Ebene wurde in Zusammenarbeit mit dem KoLab zunächst eine Soundgestaltung konzipiert.
Um eine klangliche Referenz auf den menschlichen Körper herzustellen, wurde entschieden, die Stimme zum Hauptmaterial der Komposition zu machen. Agnetha Jaunich verfasste einen Text, der in verschiedenen Variationen aufgenommen wurde (neutral, singend, atmend, flüsternd etc.). Dieser Pool wurde verwendet, um die Stimme auf vielfältige Weise digital zu manipulieren. Techniken, die zum Einsatz kamen, waren z.B. Granularsynthese, konkatenative Synthese von Sprachschnipseln sowie Resynthese in Max/MSP durch Manipulation des Spektograms. Außerdem wurde der Sprachpool genutzt, um mit dem Service musicfy.lol verschiedene KI-Modelle zu trainieren, die diverse Eingabe-Sounds resynthetisieren.

Die Performance wurde in 7 thematische Abschnitte eingeteilt:
- Distortion
- Fragments
- Body Parts / Universe
- Rhythm Rising
- Body as Canvas
- Everything all at once
- Transformation
Die Hauptidee war, dass die Soundscape im Verlauf der Performance mehr und mehr zur echten Sprache findet: Zu Beginn dominieren langgezogene Klangteppiche, bei denen das Ausgangsmaterial kaum erkennbar ist (1). Später sind erste Silben erkennbar, die sich allmählich zu sprachähnlichen aber nicht erkennbaren Wörtern zusammensetzen (2). Erste verständliche Wörter bilden sich schließlich aus den gesanglichen Aufnahmen heraus, die sich u.a. durch den Einsatz von Pitch Shifting und Time Stretching harmonisch in die Soundscape einbetten (3). Ein elektronischer Beat setzt ein, der im Verlauf zu einem Beat aus einzelnen gesprochenen Buchstaben morpht (4).
Die Geräusche faden nach und nach in den Hintergrund, während der ideengebende Text als Voice Over zu hören ist (5).
Gegen Ende des Texts blendet eine resynthetisierte, Vocoder-ähnliche Stimme ein, die aus tonalen Glitches voriger Synthesen zusammengesetzt ist. Begleitet wird dieser Schlussteil von einem musikalischen, elektronischen Beat (6), ehe sich die Soundscape allmählich in Glitches dekonstruiert und ausblendet (7).
Die ursprüngliche Performance war für drei Leinwände konzipiert. Für die Aufführung im Foyer des Dortmunder U wurde aus räumlichen Gründen ein anderer Aufbau gewählt, in dem die vorhandenen Wände und Säulen als Projektionsfläche genutzt wurden. Hierbei unterstützte das KoLab außerdem mit Technik sowie beim Auf- und Abbau.

Tanz: Agnetha Jaunich
Visual Arts: Hendrik Lange
Sound: Michael Nguyen, Florencia Alonso